Saufdruck

Das Feuilleton meint: "Saufdruck. Schon der Name spaltet. Insbesondere Menschen, die direkte Erfahrung mit Alkoholismus im familiären Umfeld haben, fühlen sich oft retraumatisiert oder persönlich beleidigt, wenn ihre Krankheit und von dieser ausgelöste intensive Begehrensgefühle so präsent ins Zentrum gestellt werden, wie es durch den Name der Heidelberger Blockpunk Band geschieht. Auch das klassische Punkpublikum wird von der überwiegend akademisch geprägten Besetzung verärgert. Bei Saufdruck präsentieren sich gutverdienende weiße Mittelstandseltern mit Doktortitel und Dreadlocks als trinkfreudige Punks. Für einige, darunter auch ehemalige Fans, ist die unscharfe Grenze zur kulturellen Aneignung deutlich und an vielen Stellen gleichzeitig überschritten. Bei Konzerten werden die Musiker:innen neben frenetischem Applaus daher auch immer wieder mit Beschimpfungen konfrontiert. Ausrufe wie "Ihr seid Scheiße, ihr wisst ja gar nicht was Saufdruck ist," bringt das ambivalente Verhältnis zwischen Publikum und Bühne zum Ausdruck.
Das Bandkonzept, nach dem die beteiligten Musiker:innen ein Instrument spielten, das sie vor Saufdruck nie gespielt hatten, entlarvt das etablierte Musikbusiness als aufgeblasen und ist damit einem Zugang zu lukrativen Majorlabelverträgen hinderlich. Zuletzt sind sie bei kommerziellen Veranstaltungshäusern wegen des saufduckeigenen Freibierkonzepts "unsere Gage ist ein Fass Bier, das wir mit dem Publikum teilen" nicht allzu beliebt.
Saufdruck ist damit eine Band mit Spaltpotential, die vielleicht gerade deswegen großes Interesse weckt.
Musikalisch ist es weitgehend echter Punk mit genrespezifisch hohem musikalischem Niveau und wortwitzigen deutschsprachigen Texten zu Alltagsthemen. Ein Konzertbesuch lohnt sich in jedem Fall und bleibt, wenn man nicht zu viel des angebotenen Kaltgetränks konsumiert, als unvergessliches Ergebnis in überwiegend guter Erinnerung.
4 von 5 Sternie."